Mineralölrückstände in Olivenölen: Gesundheitsgefahr oder Panikmache?
Schon seit einigen Jahren sind Rückstände von Mineralölkohlenwasserstoffen in Lebensmitteln ein Thema, das in den Medien einen großen Stellenwert einnimmt. Besonders im Fokus stehen dabei die Olivenöle: Jedes zweite Olivenöl soll laut ÖKO-TEST (Mai 2019) „stark“ mit Mineralölrückständen verunreinigt sein.
Als einer der ersten Medien hatte die Stiftung Warentest im Januar 2016 das Thema aufgegriffen: Fünf von sechsundzwanzig geprüften Olivenöl waren ihr zufolge stark mit Mineralöl kontaminiert.
Mineralölkohlenwasserstoffe MOH (Mineral Oil Hydrocarbons) bestehen aus zwei verschiedenen Fraktionen: den gesättigten Kohlenwasserstoffen MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) – paraffinartige, offenkettige Verbindungen – und den aromatischen Kohlenwasserstoffen MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons), die aus alkylierten mono bzw. polyaromatischen Substanzen bestehen. Außerdem wurden in Olivenölen sogenannte POSH (Polyolefinic Oligomeric Saturated Hydrocarbons) nachgewiesen. Hierbei handelt es sich um gesättigte Kohlenwasserstoffe, die aus Kunststoffen migrieren und auch in der MOSH-Fraktion auftreten.
Wie kommen diese Stoffe ins Olivenöl? MOAH befinden sich in Schmierölen, werden also von jeder Maschine freigesetzt. Die Olivenbauern setzen Erntemaschinen ein, die die Oliven vom Baum rütteln. Während der Ernte werden Bäume zurückgeschnitten – häufig mit Kettensägen, die ebenfalls Schmieröl benötigen.
Die Fahrzeuge, mit denen die Ernte zu den Verarbeitungsstätten gebracht wird, stoßen Abgase aus, in den sich Minarölbestandteile befinden. Die in den Mühlen betriebenen Maschinen werden mit Öl geschmiert – eine weitere Quelle der Kontamination. In einigen kleineren Handwerksbetrieben werden Plastik- statt Stahltanks zur Lagerung des Olivenöls verwendet. Auch die in Plastik enthaltenen Mineralöle können ins Olivenöl übergehen.
Unsere Jordan Olivenöle weisen im Übrigen bis heute nie Mineralölrückstände über den Grenzwerten auf. Es lassen sich lediglich vereinzelt minimale spuren Nachweisen, die ganz einfach durch ubiquitäre Migration (Übergang durch Abgase vorbeifahrender Autos aus der Luft zB.) zu erklären sind und in jedem Lebensmittel mitunter vorkommen. Das die Jordan Olivenöle nicht belastet sind, liegt zB. daran, dass die Bäume nur selten mit Motorsägen beschnitten werden und vor allem die Ernte von Hand und nicht mit Maschinen durchgeführt wird. Ein weitere Grund ist sicher, das wir selbst die Ernte kontrollieren und somit die menschenmöglichen Faktoren selbst ausschließen können. In unseren jährlichen Analysen kontrollieren wir unsere Jordan Olivenöle dennoch regelmäßig auf Mineralölrückstände.
Weiterhin zu nennen sind Pflanzenschutzmittel wie Paraffinöl, das von der Europäischen Union allerdings sogar im biologischen Landbau zugelassen ist. Eine weitere Ursache für die Verunreinigung von Lebensmitteln mit Mineralölen besteht in Recyclingverpackungen. Diese beinhalten in der Regel Tageszeitungspapier; die dort eingesetzten mineralölhaltigen Druckfarben können über die Verpackung ins Lebensmittel migrieren. In der Schweiz ist aus diesem Grund der direkte Kontakt von Lebensmitteln zu Recyclingkarton verboten. Die EU hat bis dato keine vergleichbare Regelung eingeführt. Und: Die EU hat bis heute keine Grenzwerte für Mineralöl in Olivenölen festgelegt.
Der Grund: Es ist nach wie vor unklar, inwieweit die in chemischen Analysen festgestellten Mengen an MOSH und MOAH für den Verbraucher überhaupt schädlich sind. Zwar ist bekannt, dass sich MOSH in der Leber, der Milz, den Lymphdrüsen und im Fettgewebe ablagern können. Ob diese Mengen jedoch für den Körper schädlich sind, ist nicht geklärt. MOAH gelten als möglicherweise krebserregend, einen wissenschaftlichen Beweis für diese These gibt es jedoch bis heute nicht. Zudem stellt sich auch hier die Frage nach der realen Gefahr angesichts minimaler gefundener Rückstände in Lebensmitteln. Die Wirkung von POSH ist bislang kaum erforscht; alle Aussagen zu ihren Auswirkungen auf den menschlichen Organismus sind daher spekulativ.
Hinzu kommt die Frage, wie verlässlich die Messwerte sind. Da die Quantifizierung von Mineralölwasserstoffen nicht auf der Ebene von Einzelstoffen, sondern hinsichtlich ganzer Stoffgruppen erfolgt und MOSH und MOAH eine große chemische Ähnlichkeit zu in der Natur vorkommenden Kohlenwasserstoffen aufweisen, ist ihre Analytik anspruchsvoll. Entsprechend kommt es immer wieder zu Fehlinterpretationen, was sich auch daran erkennen lässt, dass im Rahmen von Ringversuchen zur Validierung der Testnorm DIN EN 16995 in verschiedenen Tests für dieselbe Probe ganz unterschiedliche Ergebnisse auftraten. Ein genormtes Testverfahren für Lebensmittel steht in der EU nach wie vor nicht zur Verfügung.
Grundsätzlich stellt sich also die Frage, inwiefern in minimalen Mengen gemessene Rückstände an MOSH, POSH und MOAH nicht durch die in zahlreichen Studien bewiesenen im Olivenöl enthaltenen gesundheitsfördernden Bestandteile mehr als ausgeglichen werden.
Solange diese Frage ungeklärt ist, sollten sich Verbraucher/-innen vor Augen führen, dass die Lebenserwartung in Griechenland im Jahr 2019 laut Statista mit 81,9 Jahren weltweit zu den höchsten gehörte. Gleichzeitig weist Griechenland den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Olivenöl auf: 15 Liter konsumiert jeder Einwohner jährlich – in Deutschland ist es gerade mal ein Liter.
Zur These einer Gesundheitsgefährdung durch Olivenöl passen diese Zahlen nicht wirklich.